Vier erfolgversprechende Beweggründe, um sich selbständig zu machen
Es gibt viele Beweggründe, warum jemand sich für eine Selbständigkeit entscheidet. Die folgenden vier Motive erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines Erfolgs deutlich:
1. „Ich möchte viel und intensiv arbeiten, das aber selbständig, mit eigener Zeiteinteilung und Freiräumen“.
2. „Ich habe in einem spezialisierten Bereich ein profundes Fachwissen und möchte das für ein eigenes Angebot einsetzen, wobei ich schon erste Kunden habe“.
3. „Ich habe eine gute Geschäftsidee und genug Mittel, um diese über einen längeren Zeitraum verfolgen zu können.“
4. „Ich bin ein kreativer Kopf mit entsprechender Erfahrung und möchte meine Dienstleistungen flexibel anbieten als „Spielbein“ neben meinem „Standbein“ in einer Firma oder Agentur“ oder als reiner Freelancer“.
Vier problematische Beweggründe
In der Regel wird eine Selbständigkeit nur erfolgreich durchgehalten, wenn die Beweggründe stimmen. Es gibt problematische Beweggründe; sie führen selten zu einer langfristig erfolgreichen Selbständigkeit:
– Schnell Geld verdienen wollen
– Stelle verloren, aber eigentlich lieber angestellt arbeiten wollen
– Mehr Freizeit genießen wollen
– Einfach mal probieren, wird schon schiefgehen
(Zu den problematischen Vorstellungen über das Selbständig-Sein hat Peer Wandiger eine sehr lesenswerte Artikel-Serie geschrieben: Mythen der Selbständigkeit)
Entscheidung – Kann ich das Risiko für eine Selbständigkeit eingehen?
Nachdem die Beweggründe geklärt sind, geht es bei einer Entscheidung für oder gegen eine Selbständigkeit um zwei zentrale Punkte:
- Ressourcen d.h. die zu Verfügung stehenden Mittel (Fähigkeiten, Ausstattung, Beziehungen…)
- Risiken d.h. die möglichen Verluste (materiell, gesundheitlich, familiär…), die durch die Selbständigkeit entstehen können.
Wer eine Selbständigkeit anstrebt, sollte ein Konzept haben, wie er/sie die Risiken minimieren und die vorhandenen Ressourcen geschickt nutzen kann.
Drei Beispiele
Monika arbeitet als Grafikerin in einer Agentur. In den letzten Jahren hat sie sich viel Know-How in der Gestaltung von Websites erworben. „Nebenbei“ hat sie Websites für freie Kitas erstellt. Sie ist dazu gekommen, als ihr eigenes Kind in die Kita gekommen ist. Daraufhin sind auch andere Kitas auf sie zugekommen und haben sie angefragt. Bevor sie sich hier ein zweites Standbein aufbaut, erwirbt sie in Kursen das notwendige Know-How für das Entwicklungsprogramm Joomla und belegt bei der IHK einen Kurs über die rechtlichen und finanziellen Anforderungen an eine Selbständigkeit. Als ein Bekannter sich anbietet, für kleines Geld ihre Finanzen zu managen und eine größerer Kita-Verbund ihr ein Angebot zur Erstellung einer zentralen Website zu machen – trifft sie eine Entscheidung: Sie reduziert ihre Arbeitszeit in der Agentur auf 15 Stunden und macht sich selbständig.
Holger ist Schreinermeister in einer Möbelfabrik. Seit Jahren tüftelt er in seiner Freizeit an einem „mitwachsenden“ Möbelsystem für Kinderzimmer. In seiner Firma findet er dafür keine Gegenliebe. Zufällig hört er von Josef, einem Schreiner im Nachbarort, der nach einem Herzinfarkt seine Werkstatt aufgeben muss. Es stellt sich heraus, dass die Werkstatt genau über die Ausrüstung und Werkzeuge verfügt, die Holger braucht, um sein System zu produzieren. Nach längeren Gesprächen einigen sich Holger und Josef: Holger nutzt die Werkstatt und Maschinen und zahlt dafür eine sehr günstige Miete. Josef nutzt seine Kontakte im Einkauf und handelt gute Konditionen und lange Zahlungsfristen aus. Außerdem wirbt er in seinem bisherigen Kundenkreis gezielt für das neue Projekt „Kinder wachsen – und mit ihnen ihre Möbel“. Holger bringt dafür zunächst zwei große Projekte von Josef zu Ende, die sonst verloren gehen würden, da Josef nicht mehr als Schreiner arbeiten kann. Zusammen mit dem Ersparten von Holger sollten damit die ersten 10 Monate überbrückt werden können. Bis dahin können die ersten Möbelstücke hergestellt werden.
Guido ist Chef-Buchalter in einem mittelständischen Betrieb. Seine Leidenschaft gilt jedoch dem Fahrradfahren. Seit Jahren träumt er davon, für Vereine, Klubs und Firmen Event-Fahrrad-Touren zu organisieren. Als seine Stelle nach einer Fusion wegfällt, verliert er seine Arbeit. Er steht damit gezwungenermaßen vor der Entscheidung – neue Stelle oder sie ersehnte Selbständigkeit. Nach einem Blick in die eigenen Kontoauszüge wird klar – der Traum muss ein Traum bleiben. Von der Abfindung kann er einige Monate leben und er entscheidet sich für zweierlei:
Er organisiert für einen Seniorenverein eine unvergessene Fahrradtour mit E-Bikes, die von der alle noch wochenlang schwärmen. Es zeigt sich: Guido kann´s!
Und er sucht gezielt nach einer Buchhalterstelle bei Reiseveranstaltern, die Bike-Touren veranstalten. Als die Finanzen zu Ende gehen, geht er zu einem Hersteller für E-Bikes, die auch entsprechende Reisen organisieren – als Buchhalter. Der Traum rückt näher!
Was ist bei Monika, Holger und Guido gemeinsam?
Bewusst oder unbewusst haben sie einige grundlegende Regeln der Entscheidung für eine Selbständigkeit beachtet:
Grundregel 1: Sich an den vorhandenen Ressourcen orientieren
In den Bespielen lassen sich die Akteure nicht von Zielen, Businessplänen, Maßnahmenkatalogen und Checklisten leiten, sondern von den vorhandenen Mitteln: Was bin ich, was kann ich, wen kenne ich, was kann/muss ich noch lernen? Was steht mir jetzt zur Verfügung und was kann ich damit machen?
Grundregel 2: Nur leistbare Verluste einkalkulieren
Monika, Holger und Guido haben sich in ihrem Einsatz für die Selbständigkeit an den Verlusten orientiert, die sie sich „leisten“ können. Wie viel ist mir das Risiko wert? Was kann ich mir an Verlusten realistischer Weise leisten, ohne alles zu verlieren, was mir wichtig ist. Dabei haben sie sich nicht von möglichen (immer ungewissen) Ertragsaussichten blenden lassen. Ja, sie sind ein Risiko eingegangen. Aber mit einem Einsatz, der ihnen leistbar erscheint. Nicht wer wagt, gewinnt – sondern wer so viel wagt, dass er gewinnen, aber auch verlieren kann. Wenn diese Grenze erreicht ist, muss umgesteuert werden – das heißt die Kreativität wird aktiviert, um Alternativen zu suchen.
Grundregel 3: Umstände und Zufälle nutzen
Statt stur einem vorgefassten Businessplan zu folgen, zeigen die Beispiele, dass es erfolgversprechend ist, Zufälle, Ungeplantes und unerwartete Begegnungen zu nutzen. Kaum ein Selbständiger, der nicht von „glücklichen Fügungen“ oder „zufälligen Begegnungen“ zu berichten weiß, die zu einem späteren Erfolg geführt haben. Grundregel 3 besagt, diese veränderten Umstände und Zufälle zu seinen Gunsten zu nutzen.
Grundregel 4: Kontakte nutzen und Partnerschaften knüpfen
Wer sich selbständig machen will, hat etwas zu bieten, er/sie hat aber auch vieles nötig. Es gibt nun andere, die genau die Mittel nötig haben, die ich zu bieten habe und dabei das haben, was ich notwendig für eine Selbständigkeit brauche. Das ruft geradezu nach Kooperation, Vereinbarungen, Partnerschaften und gemeinsamer Nutzung von Ressourcen. Häufig machen erst diese Möglichkeiten eine Selbständigkeit leistbar.
Entscheidung für eine Selbständigkeit – ein Prozess
Das den Regeln zu Grunde liegende Prozessmodell für erfolgreiches Unternehmertum ist eine sehr gute Hilfestellung für die Entscheidung zur Selbständigkeit:
Wie komme ich zur Selbständigkeit? „Der Weg beginnt bei den eigenen Mitteln und Handlungsalternativen und führt in eine Serie von Verhandlungen mit möglichen Partnern. Durch Vereinbarungen werden Mittel akquiriert und Ziele festgelegt. Dadurch werden neue Möglichkeiten für weiteres Handeln eröffnet“.
aus: M. Faschingbauer, Effectuation, Schäfer-Poeschel 2010, S.27
Hat Ihnen dieses Modell bei der Entscheidung für eine Selbständigkeit weiter geholfen? Über eine Reaktion dazu würde ich mich freuen!
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Fotonachweis: der_jipi / photocase.com
Selten habe ich in so komprimierte Form die entscheidenden Fragen gefunden, die man sich vor Beginn einer Selbständigkeit stellen sollte.
Die Grafik am Schluss ist der Leitfaden um zu einer Entscheidungen zu kommen, wenn man vorab klar hat, dass die eigenen Beweggründe für die Selbständigkeit wirklich stichhaltig sind.
Das ist Reflexionshilfe und Ermutigung gleichermaßen.
Und das alles online und gratis, vielen Dank!!
Sehr guter Beitrag – ich bin seit 1986 selbstständig und kann das alles in vollem Umfang bestätigen.
Allen die sich 2014 selbstständig machen wollen wünsche ich alles Gute !