Entscheidung für eine Therapie – die Wirkung von Psycho-Logik

John Dow / photocase.de
John Dow / photocase.de

Lena tut sich mit der Entscheidung für eine neue Beziehung schwer.

Ihre Gedanken drehen sich seit Monaten im Kreis. Seitdem ihr langjähriger Partner sie verlassen hat, hat Lena mehrere Beziehungen begonnen, die aber schnell wieder auseinander gegangen sind. Jetzt hat sie keinen Mut mehr, sich auf neue Beziehungen einzulassen. Sie hat auf einem Kongress Jörg kennengelernt; sie haben sich einige Male getroffen und er hat sich in sie verliebt. Es scheint alles gut zu passen. Sie erlebt nach all den problematischen Jahren mit ihrem alten Partner so etwas wie Glück und Zufriedenheit. Aber Lena traut sich nicht, eine engere Beziehung einzugehen. Sie ist wie gelähmt, traut sich nichts zu. Sie spürt, dass Jörg sie wirklich liebt. Und dass sie ihn auch liebt und der Beziehung nichts im Wege steht. Aber irgendetwas hält sie zurück. Jörg ist von ihrem Verhalten total irritiert. Es stimmt doch alles zwischen den beiden – oder doch nicht? Ihre beste Freundin kann das nicht verstehen und rät ihr, doch mal eine Beratung aufzusuchen. Aber das lehnt sie ab. „So verrückt bin ich nun auch wieder nicht, ich kriege das schon geregelt“, ist ihr Kommentar dazu.

Acht Einwände gegen eine Entscheidung für eine Beratung/Therapie/Coaching

1. „So gestört bin ich doch nicht!“
Die Suche nach Hilfe und Unterstützung in einer Beratung wird als schwerer Makel angesehen, der nicht öffentlich werden soll.

2. „Ich kann alleine damit fertig werden“
Die eigenen Kräfte werden (trotz gegenteiliger Erfahrungen ) überschätzt.

3. „Der Therapeut wird mir nur das sagen, was mir alle anderen auch schon sagen“
Es besteht die Angst, dass die Beratung/Therapie nur die Vorwürfe und Ratschläge der Umwelt bestärkt.

4. „Ich möchte keinen Seelen-Striptease machen“
Es besteht die Angst davor, sich bloßzustellen und Seiten zeigen zu müssen, die man lieber für sich behalten möchte.

5. „Im Augenblick nicht, vielleicht später“
Die Notwendigkeit wird verdrängt, verschoben.

6. „Da ist was für Leute, die wirklich schlimm dran sind“
Die eigene innere Not wird bagatellisiert und kleingeredet. Es werden „ganz schlimme Fälle“ als Vergleich herangezogen, um deutlich zu machen, dass man selbst so schlimm doch nicht dran sei. Beratung/Therapie ist etwas für die anderen.

7. „Das bringt doch nichts“
Die eigene Entmutigung verhindert die Hoffnung auf positive Entwicklungen.

8. „Nachher ist alles noch schlimmer“
Es wird befürchtet, dass eine Beratung/Therapie alles Mögliche aufdeckt, dass bisher unausgesprochen und unangetastet geblieben ist.

Beratung/Therapie/Coaching – was passiert da eigentlich?

(Die Experten mögen mir verzeihen, dass ich hier eine sehr verkürzte und einseitige Darstellung wähle. Es geht mir nicht darum, Therapie, Beratung und Coaching wissenschaftlich exakt zu beschreiben. Stattdessen möchte ich ermutigen, diese in Anspruch zu nehmen.)

1. Logik und Psycho-Logik
Es gibt eine Vielzahl von Begriffen, Theorien, Ansätzen, Schulen und Vorgehensweisen, die unter den Überbegriffen Beratung bzw. Therapie zusammengefasst werden. Trotz aller Unterschiede wirken sie auf Grund der „Psycho-Logik“. Die „normale“ Logik beruht darauf, dass ein Verhalten B („Lena lässt sich auf eine neue Beziehung ein“) eintritt, wenn die entsprechenden Bedingungen A vorhanden sind („Liebe auf beiden Seiten“):

Weil A ist, tritt Verhalten B ein. Logisch.

2. Unbewusste Denkmuster überlagern die Logik
Die Psycho-Logik geht davon aus, dass (je nach Theorie) im Vorbewussten, Unterbewussten oder in bestimmten Hirnarealen Verhaltensmuster und Denkstrukturen gespeichert sind, die den logischen Ablauf ´wenn A ist, dann tritt B´ ein überlagern. Obwohl A vorhanden ist („Jörg liebt Lena und es gibt keine erkennbaren Gründe, warum Lena sich nicht auf eine Beziehung einlassen soll“), tritt C ein, was „logisch“ nicht zu erklären ist („Lena zögert und zweifelt, obwohl sie Jörg liebt“).

Obwohl A ist, tritt C ein. Psycho-logisch.

3. Problem-Logik
Die Psycho-Logie bietet also für solche Situationen eine Hilfe an, in der eine Person nicht so handelt, wie sie das eigentlich für angemessen hält. Verhaltensmuster und Prägungen aus der Kindheit, traumatischen Erfahrungen, eingefahrene Verhaltensstrukturen überlagern das erwartbare („logische“) Verhalten. Diese Muster sind in der Regel nicht bewusst, sie treten als „Störung“, als „unerklärliches Problem“ auf. Oft wird das Problem dann nicht in einem selbst, sondern bei anderen gesucht (und gefunden!)

Warum tritt B nicht ein, obwohl A doch vorhanden ist? Problem-Logik.

4. Ressourcen-Orientierung
Psycho-Logik stärkt die Überzeugung, dass eine Person alle Möglichkeiten („Ressourcen“) in sich trägt, um angemessen handeln zu können. Bei „Problemen“ werden diese Ressourcen jedoch nicht oder nicht angemessen genutzt. In einer Beratung / Therapie / Coaching werden die „unpassenden“ Verhaltensmuster erkannt. Und es werden Alternativen sichtbar gemacht, wie die Person auch anders handeln könnte. Oder es werden Übungen und Werkzeuge erlernt, mit denen vorhandene, aber bisher ungenutzte Ressourcen aktiviert werden können. Vereinfachend gesagt, geht es nicht um die Analyse von Problemen und deren Ursachen. Vielmehr werden Wege gesucht, die vorhandenen Möglichkeiten zu entdecken und zu nutzen. “Ressourcenorientiert” bedeutet, dass in jeder Person und in jeder Paarbeziehung die notwendigen Möglichkeiten zur Weiterentwicklung bereits vorhanden sind. Ein Therapeut, Berater oder Coach hilft dabei, diese veränderten Lösungsmöglichkeiten zu entdecken und die Umsetzung zu fördern.

Es könnte Verhalten 1 oder 2 oder 3 genutzt werden, um B zu erreichen? Ressourcen-Logik

5. Entscheidungs-Freiheit
Jeder, der eine Beratung/Therapie in Anspruch nimmt, hat die Freiheit, die neu entdeckten Ressourcen und Möglichkeiten zur Problemlösung zu nutzen – oder auch nicht. Oder auch etwas ganz anders, als es der Berater/Therapeut vorschlägt.

Obwohl A ist, muss nicht B gewählt werden. Ressourcen-logisch

Lena fasst Mut

Als Lena spürt, dass Jörg zunehmend verunsichert wird und sich zurückzieht, nimmt sie allen Mut zusammen und geht zu einer Therapeutin, die ihr einen vertrauensvollen Eindruck macht. Lena ist erstaunt, wie erleichtert sie jede Sitzung verlässt . Sie lernt, wie sie mit ihren Panikattacken bezüglich der Beziehung zu Jörg besser umghen kann. Nach einigen Wochen fragt Jörg sie , ob sie nicht zusammenziehen wollen. Ihre erster Reaktion ist Panik, aber dann … sagt sie zu…

Über Ihre Erfahrungen mit Therapie, Beratung und Coaching würde ich mich und sicher auch andere Leser des Blogs freuen. Nutzen Sie dazu die Kommentarfunktion zu diesem Artikel.

 
 
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Ein Gedanke zu „Entscheidung für eine Therapie – die Wirkung von Psycho-Logik“

  1. Sehr schöner Beitrag, weil er mal wieder sehr gut zu meiner Situation passt. Bei vielen Menschen besteht enormer Redebedarf. Und im Gespräch ergibt sich oft die Möglichkeit, eine neue Perspektive zu gewinnen. Wie Lena hatte ich Angst, mich auf eine neue Beziehung einzulassen. Angst, wieder einmal enttäuscht und verletzt zu werden. Mein neuer Partner ist Gott sei Dank so offen, dass ich es ihm direkt sagen konnte und ich das Gefühl habe, er versteht mich gut. Jetzt ist das sicher nicht bei allen so, weil sie selbst (also der Partner) einen „dazu passenden Rucksack an Erfahrungen“ mit sich herum schleppen. Dafür ist eine Therapie sicher sehr sinnvoll. Der Bedarf an Therapie ist, nach meiner Beobachtung, in den letzten Jahren rapide gestiegen…sicher auch deswegen, weil immer weniger miteinander geredet wird. Schnell eine Meldung getippt, diese wird womöglich missverstanden…man stellt es nicht klar…usw. Manchmal kommt man allein nicht raus aus seinem „Gedankenkarussell“, eine Person „von aussen“ hat einen anderen Blick auf das Ganze und liefert wertvolle Impulse, mit Humor ist das dann eine sehr schöne Begegnung für beide Seiten, kann ich nur von mir sagen..nachdem ein/e Klient/in entspannt und lächelnd geht.

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